Dorje Legpa

Dorje Legpa

Damchan Dorje Legpa gemäß der Aro gTér Tradition

Damchan Dorje Legpa (dam can rDo rJe Legs pa) bedeutet „durch Gelübde gebundener gütiger Donnerkeil“. Diese Form von Dorje Legpa ist eine Besonderheit des Aro gTér der Nyingma Tradition des Tibetischen Buddhismus, wo er in einer Form erscheint, die seinem Sanskritnamen Vajra Sadhu äußerst ähnlich ist – dem unzerstörbaren Praktizierenden. Seine Füße sind nackt und er trägt sein Haar um einen neunspeichigen Vajra gewickelt zu einem Yogi-Haarknoten. Er trägt das blaue Gewand des Tantrikas, und hat die Farbe von Dorje Tröllö – die Form von Padmakara, mit der er ihn zum Dienst am Dharma unterwarf.

Dieses hervorragende Thangka mit Aro Damchan Dorje Legpa porträtiert eine der drei Formen von Dorje Legpa innerhalb der Aro gTér Linie. Dieses Thangka zeigt die Form, die auf einer Schneelöwin reitet. Die zweite Form reitet auf einer Ziege und schwingt dabei brüllend einen Hammer. Die dritte Form ist Dorje Legpa als Yidam – eine langbärtige Manifestation von Padmasambhava, der auf einem Ziegenfell sitzt und die Erscheinung eines Yogi hat.

Khandro Déchen sagt über dieses Thangka:
Das ist ein besonders schön gemaltes Thangka des Aro gTér Dorje Legpa – obwohl Details ikonographisch nicht ganz richtig ist. Die neunspeichigen Vajras in seinem Haar und in seiner Hand sollten eher als Meteoriten-Eisen dargestellt werden und nicht aus Gold. Genauso die Kette, die seinen Mélong trägt. Obwohl es verschiedene Formen von Dorje Legpa gibt, sind sich alle ziemlich ähnlich. Einige reiten auf einer Schneelöwin und einige sitzen auf einer Ziege mit verdrehten Hörnern.

Ngak’chang Rinpoche kommentiert:
Diese Form, die auf einer Schneelöwin reitet, ist die ‚majestätische Form des Yogi’, der auf den Weiten des Himmels reitet, jenseits der Berggipfel – der Raum, der Wang-thang (dBang thang), das Kraftfeld symbolisiert. Die Schneelöwin repräsentiert jugendliche Energie – eine Art von Kraft, die durch Humor belebt wird. Der Humor der Schneelöwin ist ein nicht-dualer Humor, der Ernsthaftigkeit und Unernsthaftigkeit transzendiert. Dieser jugendlichen Scharfsinnigkeit des Schneelöwen ist eine völlige Offenheit und Wachheit mit weit geöffneten Augen zueigen. Die Schneelöwin trägt Dorje Legpa auf anmutige, aber dennoch präzise Weise – ohne zum Töten aufgelegt sein zu müssen, wenn es darum geht, unsere Hinterlistigkeit bezüglich unserer Gelübde aufzuspüren. Der Ritt auf dem Schneelöwen verleiht Dorje Legpa den Raum von Vajra-Humor, in welchem sich alle Verfehlungen ‚in der eigenen Schlinge verfangen‘. Neurosen fliehen vor dem Blick Dorje Legpas und des Schneelöwen davon, bis sie sich selbst erschöpfen. Das ist ihr Wang-thang – ihr Kraftfeld.

Die Form von Dorje Legpa wird hier ohne Hut gezeigt. Er trägt sein Haar im yogischen Stil, um einen neunspeichigen Vajra gewickelt. Er hält auch einen neunspeichigen Vajra in seiner rechten Hand. Er trägt das blaue Gewand des Tantrikas, den rot-weiß-blauen Ngak’phang-Schal des Gö-kar chang-lo’i dé (gos dKar lCang lo’i sDe) und ein Mélong hängt auf Herzenshöhe. Der Mélong ist ein Symbol für seine Funktion als Schützer der Dzogchen-Belehrungen der Aro gTér Linie. Der Mélong als Symbol ist die Quintessenz von Khyungchen Aro Lingma als Entdeckerin des Aro gTér. In der linken Hand hält er das herausgerissene Herz der Selbstgerechtigkeit. Das Herzblut der Selbstgerechtigkeit muss vergossen werden, damit Mitgefühl entstehen kann. Der Geisteszustand eines Gelübdebrechers wird hauptsächlich durch die Notwendigkeit charakterisiert, jeden Akt der Unehrlichkeit und Unfreundlichkeit im Gewande der ‚Ehre‘ zu rechtfertigen. Gelübdebrecher präsentieren sich ironischerweise oft als ‚Leute von Gewissen und Ehre‘ – und zu solchen Gelegenheiten kann Dorje Legpa angerufen werden, um das Herzblut dieser Illusion auszuschütten – wenn der Gelübdebrecher den Mut hat, sich an die eigenen Gelübde zu erinnern.

Ngak’chang Rinpoche kommentiert:
Er ist der ‚würdige Donnerkeil‘ – insofern, als seine Praxis dem Yogi oder der Yogini einen unermesslichen Raum gewährt, in dem er oder sie die authentische Praxis wiederentdecken kann. Dorje Legpa gleitet im Raum über einem tosenden Meer aus Blut. Das Meer aus Blut ist ein mit Blut gefüllter Feuertopf, in dem alle Entschuldigungen bezüglich mangelnden Mitgefühls ertrinken. Das Konzept, an Gelübde gebunden zu sein, ist vielleicht schwierig für viele Menschen in dieser Zeit und besonders im Westen. Normalerweise geben wir dem ‚Prozess‘ den Vorzug vor dem ‚Versprechen‘ und mögen es nicht, uns an irgend etwas letztendlich gebunden zu fühlen. Wenn wir diese Sicht haben, dann ist jedwede Form von Schützerpraxis nicht nur bedeutungslos, sondern äußerst gefährlich.

Aber unabhängig von der Frage, wie Praktizierende ihre Gelübde halten, sollten wir uns der Frage zuwenden, wie die Natur von unfassbarer Macht auf eine solche Art eingegrenzt wird, dass sie Wesen dient. Es gibt viele Beispiele um uns herum – besonders seit der industriellen Revolution: die Kraft des Wassers, des Windes, von Dampf, Elektrizität und der nuklearen Spaltung. Ob die Kraft des Wassers in Rohren aufbewahrt oder durch Dämme kontrolliert wird – es ist die Natur dessen, welches das Wasser aufbewahrt, welche die Kraft sowohl zugänglich als auch wertvoll macht. Dorje Legpa ist ein gütiger Donnerkeil – ein Blitzschlag, die uns an unsere Gelübde erinnert. Dorje Legpa versorgt uns mit einem milden elektrischen Schock der Frische, wenn unsere Praxis in der Gefahr ist, schal zu werden. Als jemand, der zweimal von einem Blitz getroffen wurde, auch wenn die Ladung niedrig und die Einschläge peripher waren, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, wie unglaublich lebendig ich mich danach gefühlt habe. Bei beiden Gelegenheiten wurde ich an Dorje Legpa erinnert – den gütigen Donnerkeil. Dorje Legpa ist derjenige, der fähig ist, Tod zu bewirken, aber stattdessen einen Schock bewirkt. Die Möglichkeit des Todes ist als Erinnerungshilfe da.